MdL Ruth Müller diskutiert mit dem Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen die aktuelle Entwicklung des ÖPNV in Bayern.
„Wir befinden uns mit Pfeffenhausen und Rottenburg mitten im Bermudadreieck des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)“, stellte die Landtagsabgeordnete Ruth Müller (SPD) bei einem Gespräch mit Dominic Amberger, Referent für ÖPNV beim Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen (LBO), fest. Amberger bestätigte teilweise diese Einschätzung: „Seit Langem fehlt eine durchgängige Verbindung zwischen Pfeffenhausen, Rottenburg und Neufahrn sowie eine leistungsfähige Anbindung an den Landkreis Kelheim.“
Auch Beatrix Kappelmeier, SPD-Kreisvorsitzende im Landkreis Kelheim, teilte diese Einschätzung. „Neufahrn ist ein zentraler Bahnknotenpunkt – nur 15 bis 20 Minuten von Rottenburg oder Pfeffenhausen entfernt – und dennoch mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum erreichbar, wenn man nicht über Landshut fahren will“, so Müller. Von Neufahrn aus bestehen regelmäßige Zugverbindungen nach Regensburg, Nürnberg, Straubing und München.
Ein zentrales Problem, so Amberger, liege in der Finanzierung: Zwar verfüge der Freistaat Bayern über eine ÖPNV-Strategie bis 2030, es fehle jedoch an einer konsequenten finanziellen Umsetzung. Zudem sei der ÖPNV in Bayern eine freiwillige Aufgabe der Landkreise und Kommunen, die vielerorts finanziell überlastet seien.
In der Diskussion mit Müller und Kappelmeier wurden verschiedene Lösungsansätze erörtert. So brauche es aus Sicht der SPD-Politikerinnen mehr ÖPNV-Zuweisungen des Freistaats an die Landkreise und Kommunen und ein klares Bekenntnis, dass die ÖPNV-Grundversorgung eine Pflichtaufgabe des Freistaates sein muss in Zukunft.
Seitens des LBO wäre es wünschenswert wie in Baden-Württemberg einen „ÖPNV-Index“ zur Schaffung einer gemeinsamen Grundlage für eine langfristige, planbare und transparente Finanzierung des Nahverkehrs mit Bussen in Bayern gesetzlich zu verankern.
Dieser biete den für den ÖPNV zuständigen Landkreisen und Kommunen ebenso wie den für den ÖPNV beauftragen privaten Omnibusunternehmen in mehrjährigen Verkehrsverträgen Planbarkeit und Transparenz. Aus Sicht des Landesverbandes Bayerischer Omnibusunternehmen ist dies eine entscheidende Voraussetzung für den Erhalt hochwertiger öffentlicher Mobilität in Bayern.
Ebenso wichtig ist die Entwicklung von Leitlinien für die mittelstandsfreundliche Ausgestaltung von Vergabeverfahren als geeignete Maßnahme, die dem Mittelstand auch unter den Bedingungen eines zunehmenden europaweiten Wettbewerbs erfolgversprechende Zukunftsaussichten bieten.
Denn die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass kleine und mittelständische Verkehrs-unternehmen verstärkt Schwierigkeiten haben, sich als eigenständige Anbieter von ÖPNV-Leistungen in einem Wettbewerbsmarkt zu auskömmlichen Preisen zu behaupten.
Ein leistungsfähiger Mittelstand sowie eine Vielzahl kompetenter, regionaler Unternehmen sind jedoch Voraussetzung für den Ausbau eines flächendeckenden, qualitativ hochwertigen ÖPNV in Stadt und Land. „Deswegen müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass auch kleine und mittlere private Unternehmen weiterhin eine erfolgversprechende unternehmerische Perspektive haben“ sind sich die Diskussionsteilnehmer einig.
„Wir haben derzeit keine verbindlichen Mindeststandards im ÖPNV in Bayern“, kritisierte Müller. Das zeige sich exemplarisch an der Gemeinde Hohenthann, die am Wochenende vollständig vom ÖPNV-Angebot abgeschnitten ist. An Samstagen und Sonntagen verkehrt hier kein einziger Bus in Richtung Landshut.
Auch das Deutschlandticket stand im Mittelpunkt des Gesprächs. „Für viele Pendlerinnen und Pendler in die Großstädte ist das Ticket ein enormer Preisvorteil, der nun auch Dank der Zustimmung der SPD-Fraktion im Bundestag bis 2030 gesichert ist“, betonte Kappelmeier. Im ländlichen Raum hingegen fehle es häufig noch an passenden Strukturen und Verknüpfungspunkten, um eine landkreisübergreifende Mobilität zu gewährleisten.
Vielerorts verkehren oftmals nur die „klassischen Schulbusse“. Diese exklusive Schülerbeförderung wirkt sich hemmend auf den Ausbau des ÖPNV-Angebotes in der Fläche aus. Eine Integration in den allgemeinen ÖPNV werde bislang durch den Freistaat Bayern nicht aktiv unterstützt, was angesichts steigender Kosten zusätzliche Herausforderungen für die kommunalen Haushalte in Zukunft mit sich bringe. Hintergrund ist, dass die Beförderung der Schüler vom Wohnort im Rahmen der Kostenfreiheit des Schulweges zur nächstgelegenen Schule eine Pflichtaufgabe der Kommunen in Bayern ist. Aus Kostengründen entscheiden sich deshalb viele Landkreise und Kommunen dafür nur diese „Pflichtaufgabe“ zu erfüllen um die Beförderung der berechtigen Schüler zu gewährleisten.
Trotz dieser Hürden bewerteten Müller und Kappelmeier das Deutschlandticket als großen Erfolg: „Es schafft Teilhabe und Nachhaltigkeit in einem Maße, das vor wenigen Jahren kaum vorstellbar war.“ Unternehmen seien nun gefordert, ihren Beschäftigten Deutschlandtickets als Jobtickets anzubieten, um die Nutzung weiter zu fördern.
Amberger stimmte dem zu, wies aber darauf hin, dass Infrastruktur und Angebot mit der steigenden Nachfrage Schritt halten müssten. „Ein leistungsfähiger ÖPNV ist für Wirtschaft, Auszubildende und alle Menschen im ländlichen Raum, die ohne Auto mobil sein wollen, eine zentrale Voraussetzung“, ergänzte Müller.
Abschließend forderte sie eine zügige Umsetzung des beschlossenen Nahverkehrsplans des Landkreises Landshut auch hinsichtlich des Beitritts des Landkreises Landshut zum MVV – Münchner Verkehrsverbund ab 01.01.2026.
Bildbeschreibung v.l.:
Beatrix Kappelmeier, Dominic Amberger und Ruth Müller, MdL
Foto:
Heiko Amberger